Chaos Reisen

Urlaub mit Hindernissen

Wir sind vor ein paar Tagen aus unserem Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern zurückgekehrt. Es war unsere erste Auszeit mit drei Kindern. Bisher war für uns jeder Urlaub ein Garant für gute Laune und eine willkommene Abwechslung  zum Alltag.

Doch dieses Mal war alles anders. Die Kinder waren quengelig, stritten viel und das sonst so brave Baby schrie wann immer es nicht schlief. Es war zum verrückt werden. Zudem war das Wetter sehr bescheiden und im Gegensatz zur vorherrschenden Hitze Zuhause hatte es hier regnerische Herbsttemperaturen.

Unser grünes Luftmatratzenkrokodil fristete ein trauriges und luftloses Dasein als zusammengefaltetes Etwas im Koffer. Es war einfach zu kalt zum Baden und meine ersehnten Planschtouren mit den zwei Großen fielen aus. Anstatt dessen trugen wir dicke Pullis und Jacken und tranken warmen Kakao. Natürlich blieb eine gewaltige Erkältung bei den Lütten (so werden die Kleinen dort genannt) nicht aus.

Zu allem Ärger zog sich mein Mann am zweiten Abend einen zweifachen Bänderriss zu und war von nun an nur noch halb einsatzbereit. Die geplante Wanderung um den See, Fahrradtouren und Ausflüge fielen ins Wasser. Anstatt dessen besuchten wir die Apotheke und das Sanitätshaus in der näheren Umgebung. Das Bein wurde geschient und der Bluterguss wies ein erstaunliches Farbspektrum auf. Die Dicke des Fußes erinnerte mich an die Elefantitiskrankheit, die ich mal auf Bildern gesehen hatte. Der Mann galt von nun an als Patient, den es zu schonen galt.

So kamen wir also jeden Morgen und Abend mit teils schlecht gelaunten Kindern und strapazierten Eltern zu Tisch. Spätestens jetzt begann das tägliche Schauspiel. Die gestressten Eltern, die sich mit drei Kleinkindern durch den schlecht Wetter Tag gequält hatten, wollten nun ausspannen und zumindest kulinarisch aktiv werden.

Natürlich wollte ich keinen schlechten Eindruck hinterlassen und unsere sauber gekleideten und gut erzogenen Kinder präsentieren. Leider kann man schöne Momente bekanntlich nicht planen. Paulchen drehte sich in seinem Kinderstuhl zu einem sehr netten Mann um, der leider fast keine Haare mehr auf dem Kopf hatte. Zugegebenermaßen sah er aus wie die Clowns im Zirkus mit Glatze und roten Haaren. Er deutete mit dem Finger auf ihn und sagte gut hörbar, dass die Haare von dem Mann aber komisch aussehen. Zu meinem Bedauern tat sich kein Loch auf, in dem ich als “alte Japanerin” hätte verschwinden können.

Hinzu kam, dass ich beiden Kindern jedesmal ein Bitte und Danke aus der Nase ziehen musste! Klein Paulchen rief laut Bähh bevor das Essen überhaupt auf dem Tisch stand. Kakaotassen und Orangensaftgläser wurden bei verschiedensten Malversuchen vom Tisch gefegt und selbst die erprobte Mutterkrake mit ihren “Ich weiss, was gleich passiert”-Tentakeln konnte nicht schnell genug reagieren.

Es war einfach frustrierend und ich geriet beim Anblick der streng schauenden Rentnerpaare am Nachbartisch ins Schwitzen. Konnten sie sich nicht wenigstens unterhalten oder auch ein bisschen laut sein? Nicht einmal eine Gabel liessen sie fallen. Wahrscheinlich amüsierten sie sich und genossen insgeheim unser Chaos. Jedenfalls hätte ich jeder Mutter um den Hals fallen können, deren Kinder lauter schrieen als unsere oder sich noch mehr daneben benahmen. Ich hätte sie mit einem high five abklatschen mögen und ihr zurufen wollen: “Das ist alles nur eine Phase!”.

Mittlerweile sind wir alle wieder zu Hause und ich bin heilfroh darüber. Der Mittlere wird gerade in den Kindergarten eingewöhnt und in naher Zukunft, werde ich an den Vormittagen unter der Woche nur ein Baby zu betreuen haben. Das sollte wohl ein leichtes sein, oder?

Ach ja, noch eine Anekdote zum Schluss: Der Höhepunkt des Schämens war erlangt, als ich Abends mit der Boxershorts meines Mannes bekleidet und in T-Shirt ohne BH durch die Hotelanlage gesprintet bin, um meine Tochter wieder einzufangen. Sie war ausgebüxt, da sie im Zimmer bei Oma und Opa übernachten wollte, nachdem diese für die letzten drei Tage noch dazu kamen. Was soll ich sagen?

Das nächste Jahr wird wieder auf dem Bauernhof Urlaub gemacht und da können sich die Kühe nach uns umdrehen. Die oberen Hotelkategorien lassen vorerst auf uns warten. Dann doch lieber ein airbnb mit einer Schale Cornflakes am Morgen im zerknitterten Schlafanzug!

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